Après-Ski
«Nach dem Ski fahren»

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Ich trinke nicht, wenn ich fahre, was nicht heißt, dass ich nicht
ein Bier trinke oder auch zwei. Halt nur soviel, dass es das
Fahrvermögen nicht gefährdet. Es ist schon ein besonderes
Erlebnis, wenn die Hütten 700 und mehr Höhenmeter über
dem Ort um 19 Uhr noch gut besucht sind und es die hereinbrechende
Dunkelheit ist, die den Gast zum Aufbruch bewegt und nicht der
Pistendienst, der die letzte Kontrollfahrt machen will. Es ist Freitag
und ich habe diese Woche mit nur einem einzigen Sturz überstanden,
dessen Folgen aber heute, sieben Monate danach, fast vergessen sind.
Ich nutze die Gelegenheit und kehre in der Obstlerhütte auf ein
Bier ein, treffe Jungs aus der Gegend um Kassel, die alle gut 15 Jahre
jünger sind und schon gut und lange Ski und Snowboard fahren, wie sie sagen.Wir kommen ins Gespräch und quatschen auch über die Anfahrt, die sie in der letzten Nacht absolviert haben. Sie amüsieren sich köstlich, dass jemand mit Tempomat 130 ins Skigebiet aufbricht: «Wer bei uns 130 fährt, gilt als müde und wird umgehend vom Steuer entfernt!». Ich wende ein, dass es reicht, wenn man schnell ist auf der Piste. Aber diese Bemerkung führt nur zu einer Mischung aus Lachen und Mitleid. Also verabreden wir, noch ein Bier zu trinken und danach zusammen zu Tale zu fahren, da könne ich dann ja zeigen, ob ich mitkäme.
Ich weiß heute nicht mehr, ob ich ihnen erzählt habe, dass ich am Vortag bei vergleichbaren Verhältnissen die Giggijochbahn auf dem Weg ins Tal abgehängt habe. Manchmal täuscht man sich eben auch in Vergleichen; ich für meinen Teil bin an diesem Abend froh, dass ich Begleitung habe auf dem Weg zurück. Zumindest bis zur übernächsten Kurve auf der völlig zu Unrecht schwarz markierten Piste Nummer 22. Danach bin ich wieder allein, lasse den Sulzschnee unter dem Brett klatschen, husche über die Hügel. Die drei Jungs vertreten alle Stilrichtungen des Skifahrens: Carvingski, Snowboard mit harter Bindung und Snowboard mit weicher Bindung. Es nützt ihnen nichts. Sie holen mich nur noch ein, weil ich auf sie warte, und ich warte, weil ich mich an der Talstation von Ihnen verabschieden will. Auge in Auge. Eindrucksvoller kann eine Reise nicht zu Ende gehen.