Mit dem Fahrrad über den Nürburgring
Ein Reisebericht vom Tourenfahren auf der Nordschleife
Nürburgring!
Was für ein Name! Und doch ist das nichts gegen eine Runde mit dem Fahrrad. Der englische Begriff Pushbike bekommt hier eine
ganz neue Bedeutung. Auf dieser einen Seite werde ich versuchen, die Eindrücke des Tages zusammen zu fassen und einen Eindruck von
einer solchen Radtour zu vermitteln, die auf einer Schleife von nur 21 Kilometern Länge insgesamt 480 Höhenmeter überwindet.
(Foto: Sportograf GmbH & Co. KG, Aachen)
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Wir schreiben den 22. August des Jahres 2010. Der Sommer im Westen Deutschlands ist nur mäßig warm und verregnet,
nachdem es Anfang Juli so heiß war, dass man den Tag über im eigenen Saft schmoren konnte. Nun aber wendet sich das Blatt zu einer
Zeit, da ich gut trockene Straßen hätte gebrauchen können. Wegen der zum Teil extremen Gefällstrecken am Nürburgring,
auf denen man in professioneller Schieflage mit gut und gerne Tempo 80 durch die Kurven heizt, immer dicht an den abgeschrägten, rot/weiß
gestrichenen Bordsteinen entlang, ist es für das eigene Wohlbefinden durchaus gut, wenn die Fahrspur trocken ist. Tatsächlich wird genau an
diesem einen Wochenende die Sonne scheinen, zumindest bis zur Siegerehrung.*
Die Veranstaltung Rad am Ring besteht aus verschiedenen Teilen, deren wichtigste wohl das
24-Stunden-Rennen sein dürfte. Hier fahren Teams verschiedener Stärke um die meisten Runden. Dazu gesellen sich die Tourenfahrer, die in
diesem Jahr zwischen 7 und 14 Uhr auf die Strecke gelassen werden, wobei die letzte Runde um 13 Uhr in Angriff genommen werden muss. Der frühe
Beginn bedingt, dass mein Sohn und ich um 5:00 Uhr aufstehen und um 5:30 Uhr aufbrechen. Wegen der frühen Tageszeit haben wir keine Autos vor oder hinter
uns, aber der Fuchs auf einer der Waldwiesen am Straßenrand erinnert uns an die permanente Gefahr von Wildwechsel. Es ist Mitte August und die Abfahrt
erfolgt im Dunkeln, die Hinfahrt in der Dämmerung. Auf der Rückfahrt werden uns dann Motorradfahrer auf diesem Streckenabschnitt zusetzen, die die
enge, kurvenreiche Straße für ihre Privatrennen nutzen.*
Verpflegung für die Anreise haben wir bereits am Abend vorbereitet. Auf der Rennstrecke selbst reicht für Tourenfahrer der Verpflegungspunkt an
der Hohen Acht, zudem sind überall Wasserbehälter aufgestellt, aus denen man das kostbare Nass zapfen kann. Nicht immer sind sie klug platziert:
Einer steht in der Abfahrt bei Breidscheid, wo man mindestens Tempo 70 fährt. Ansonsten habe ich keine Probleme mit der Anmeldung. Die 18 Euro plus 5 Euro
Nachmeldegebühr pro Person habe ich klein, sodass ich noch vor dem Öffnen der Kasse bezahlen kann und fast genau um 7:00 Uhr mit allen Unterlagen von der
Anmeldung zurück bin am Auto. Dann gilt es, die Startnummern an Kleidung und Lenker festzumachen. Da Satteltaschen nicht erlaubt sind, sollte man sich vorher
gut überlegen, wie man seine Habseligkeiten verstaut. Manche fahren mit Rucksack, ich frage um Erlaubnis für eine kleine Lenkertasche, an der man aber
die Startnummer befestigen können muss, einen Zettel der Größe 5x18,5 cm2. Für diesen Fall sollte man dann
zusätzliche Sicherheitsnadeln mitnehmen, da man für vorne nur zwei Kabelbinder bekommt. Überhaupt sollte man das Reglement beachten, da man sonst
nicht auf die Strecke gelassen wird. Aktuelles hierzu findet man gut sortiert auf der Homepage der Veranstalter.
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Vor dem Start muss mein Sohn noch zur Toilette, was hier um die frühe Zeit anstehen in der Schlange bedeutet, denn die 24-Stunden-Fahrer sind zahlreich und
nur einer der Gruppe ist auf der Piste unterwegs. Der Start führt durch das Fahrerlager, was wirklich einem Heerlager gleicht. Danach geht es durch die Boxengasse,
wobei ich nicht sicher bin, ob ich nicht direkt hätte abbiegen sollen auf die Nordschleife. So findet sich am Ende auch die Boxengasse in den GPS Daten wieder.*
Der Anstieg zur Hohen Acht lehrt all diejenigen Laufen, die eine reine Straßenübersetzung gewählt haben. Auch unter den Radgruppen gibt es
viele, die vorne mit einem dritten Zahnkranz fahren. Mir sind die Übersetzungen der Rennräder seit jeher zu mühsam. Daher ist mein Tourenrad (ohnehin
mit Licht, Ständer und vorderem Gepäckträger versehen) schon vom Kauf an für solche Torturen ausgerüstet. Wer glaubt, dass Radfahren auf dem
Nürburgring ein gutes Training sei, der irrt. Wer hier nicht trainiert ankommt, leidet spätestens ab dem Karussell Höllenqualen. Oben angekommen auf der
Hohen Acht wird man bereits in der zweiten Runde nach der Verpflegung greifen. Und man ist ja noch nicht am Ziel. Von hier aus sind nicht nur weitere 7 Kilometer sondern
auch noch einige Abfahrten zu absolvieren, an deren Ende immer wieder kraftzehrende Aufstiege folgen. Besonders anstrengend wird es, wenn man, wie an diesem Wochenende,
auf der Döttinger Höhe in einen spürbaren Gegenwind gerät. Dann wird diese gut zwei Kilometer lange Gerade noch länger ...*
Je nach Streckenführung ist eine Runde übrigens unterschiedlich lang. Zusammen mit den Runden durchs Fahrerlager und dem Abstecher durch die Boxengasse kommen bei
mir an diesem Tag auf vier Runden insgesamt 92 Kilometer und fast 2000 Höhenmeter zusammen. Für die Aufzeichnung von GPS Daten habe ich den Holux
GPSport 245 am Lenker befestigt, mein Sohn den Garmin Geko 201. Die Daten des Holux sind ausgewertet, sie schmiegen sich trotz der bekannten Höhenfehler
in allen 4 Runden eng aneinander, sodass man keine Ausreißer wahrnehmen kann. Die Daten wurden mittels GNavigia
fehlerbereinigt und, im Bild oben, auf der Grundlage von OSM und SRTM Daten präsentiert. Der heute veraltete Geko 205 sollte wegen der schlechten Empfangsbedingungen
theoretisch ungenauere Ergebnisse liefern, diese sind aber noch nicht ausgewertet.
Ein Nebeneffekt der Aufzeichnung ist, dass man die Durchfahrtzeiten an jenen Positionen bestimmen kann, an denen von professionellen Sportfotografen Fotos geschossen
wurden. Dies grenzt später die Auswahl für Bilder ein, die der eigenen Startnummer nicht zugeordnet werden können und sich folglich über diese nicht finden
lassen. Sofern man einen solchen Dienst überhaupt in Anspruch nehmen will.(Foto: Sportograf GmbH & Co. KG, Aachen)
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Fazit: Wer in Bonn wohnt und Spaß am Radfahren hat, der sollte zumindest einmal an diesem Event teilgenommen haben. Auf der Rückfahrt vergesse ich, den
GPS-Empfänger auszuschalten, sodass ich die Länge der Anfahrt mit dem Auto über das Kreuz Meckenheim und die gut ausgebaute Landstraße durch Kalenborn,
Ahrbrück, Adenau und Quiddelbach mit genau 56 Kilometern angeben kann. Eine kurze Anreise für ein grandioses Erlebnis! Ein herzlicher Dank an die Veranstalter!