Gorges du Tarn
Der zweite Tag der Wanderung
Der Weg, den wir wählen, endet an einem Anstieg, der ganz offensichtlich
eine Art Bergbesteigung erfordert. Im Sommer wäre das sicherlich kein
Thema. Aber die Aussicht, aus mehreren hundert Metern Höhe von einem
vereisten Felsen in die Tiefe zu stürzen, behagt uns nicht. Durch den
Fluss waten? Nun, bei dieser Kälte kann ich mich beim besten Willen
nicht mit dem Gedanken anfreunden. Am Ufer liegen Boote, die noch
funktionstüchtig erscheinen, aber die kann man doch nicht einfach
nehmen! Und während mich Georg noch umstimmen will, entdecke ich bei
unserer Rast am Fluss einen Hund. Die Häuser (im Bild oben) sind
also doch bewohnt - und einer dieser Bewohner, ein älterer Herr, setzt
uns schließlich mit einem Kahn über.
Wir überschreiten den Tarn später wieder auf einer Brücke und verlassen
die Schluchten für eine kurze Zeit und nach heftigem Anstieg. Bei les
Vignes treffen wir schließlich wieder auf eine Straße, die hinunter
führt. Von hier oben hat man einen phantastischen Blick in den Ausgang der
Schlucht. Landschaftlich gehören die Schluchten des Tarn zum Schönsten,
was Frankreich zu bieten hat.
Ende der 90er Jahre war eine Art Hängebrücke im Gespräch, die die Schlucht
überspannen sollte. Dieses Projekt wurde mittlerweile realisiert. Der
malerische Teil der Schlucht wird dabei umfahren: Am Ausgang bei Millau
wird sie mit insgesamt 7 Brückenpfeilern überquert, wobei die Fahrbahn bis
zu 270 m über der Talsohle verläuft. Die Brücke von Millau (Viaduc
de Millau) vervollständigt die Autobahn von Paris nach Béziers, die
Méridienne. Sie wird als Jahrhundertbauwerk gefeiert und soll der
Region touristisch Auftrieb verleihen. Zumindest dieses Anliegen scheint
sie zu erfüllen, wenn man aus Bonn über 1000 km weit fährt, um sie zu sehen.