Die Radtour zum Lago Maggiore
Ein Nachwort
Wer sich über die Wortwahl oder die Sprache auf den vorausgehenden Seiten aufregt, sollte die Intention, die diese Geschichte verfolgt,
nicht aus den Augen verlieren. Sie soll ein authentisches Zeugnis aus jener Zeit «an die Oberfläche» abbilden.
Außerdem ist spätestens seit WDR 1 LIVE oder dem Gestammel eines Peter Großmanns im ARD Morgenmagazin diese Art zu
reden salonfähig! Auch mich schüttelt es manchmal, manchmal schalte ich auch aus. Klar, kann ich verstehen.
Das Fahrtenbuch
Aber anders als die, die dafür teuer bezahlt werden und sich dennoch nicht angemessen vorbereiten, ist es auf einer Reise, auf der man nicht allein unterwegs ist und auf der man eben nicht die Einteilung der Zeit in der Hand hat, schwer, in den wenigen freien Minuten einen grammatikalisch einwandfreien und in den Formulierungen prägnanten Ton zu treffen. Anders als auf der Radtour zum Nordkapp, wo ich von wenigen Ausnahmen abgesehen immer Zeit zum Schreiben fand, ist eine Reise zu zweit von Gruppendynamik geprägt. Dahinter muss das Buch zurücktreten. Täte es das nicht, wäre es eine stinklangweilige Reise!
Dem vorliegenden Text sieht man die begrenzte Zeit in jeder Hinsicht an. Die zahlreichen, auch mich heute überraschenden Wortwiederholungen sind Ausdruck von hastig notierten Erinnerungen, so die Zeiten, die zwar genau aber formal minimalistisch aufgeschrieben wurden, manches davon formuliert während man über der Karte gebeugt den nächsten Tag plante. Leerlauf kann man sich auf einer Radtour nicht erlauben. Die Tage sind dafür zu kurz.
Ich hatte zunächst erwartet, dass die wenig später folgende Nordkapptour mehr Zeilen pro Tag produziert hätte, aber das lässt sich nicht nachweisen. Man schreibt also nicht unbedingt mehr, allerdings liest sich der Text flüssiger, er ist sorgfältiger formuliert.
Dennoch gibt es eine Sache, mit der ich mich und den Leser nicht nerven will, die alte Rechtschreibung. So zieht sich das «ß» durch den von Flüssen und Pässen dominierten Text, deren Singular damals noch nicht mit Doppel-«s» geschrieben wurde.Die Planung einer Radtour
Radtouren werden immer wieder als etwas Besonderes angesehen, vielleicht weil viele von ihrem Bierbauch auf die zu erwartenden Entbehrungen schauen. Dabei ist eine Radtour auch nur Alltag, wenn man sich einmal dazu entschieden hat, sie zu machen. Es bedarf einer Planung, die den Rahmen absteckt: Wie viel Zeit habe ich? Wie weit will ich kommen? Welche Distanz kann ich mit Gepäck pro Tag zurücklegen? Brauche ich Ersatzteile, eine neue Kette oder sogar ein neues Rad? Und ganz wichtig: Welches Budget will ich einsetzen? Das entscheidet dann auch darüber, ob man zeltet, in Jugendherbergen schläft oder ein Hotel aufsucht.
Das war's. Zumindest damals. Ich habe immer nur (sehr grob) die Reiseroute und minutiös die Ausrüstung geplant. Waren das großartige Zeiten als man noch mangels Smartphone unbemerkt irgendwo sterben konnte. Als man nach drei Wochen zu Hause anrief und in wenigen Sätzen erklärte, dass man Mo I Rana erreicht habe. Wo das sei? Da war das norwegische Kleingeld auch schon aufgebraucht. Geldwechsel an der Grenze gehörte zum notwendigen Übel, kostete Zeit und Gebühren.
Der Alltag einer Radtour
Und dann gibt es da noch die ganz normalen Probleme des Alltags, ein Platten oder auch nur ein abgefahrener Reifen. Ein Tretlager, das zerlegt und gefettet werden will oder die Reparatur einer Hinterachse. Heute ist das Material stabiler. Ketten laufen 10.000 km und müssen nicht mehr in Hammerfest ausgetauscht werden, Speichen brechen nicht mehr. Und genügsame GPS-Empfänger kann man zusammen mit dem Smartphone am Nabendynamo mit Strom versorgen. Früher reichte die Leistung eines Dynamos gerade für eine funzelige Beleuchtung.
Ein Fazit in einem Satz
Meine letzte Mehrtagestour liegt nun schon fast 20 Jahre zurück. Aber wann immer ich mit dem Rad einen ganzen Tag unterwegs bin und die 100 km-Marke knacke, denke ich an die großartigen Jahre der Radtouren zurück - und schon deshalb sind sie Gold wert.