Ile d'Olérons
(1) Muscheln- und Austernzucht
Wer einmal auf leeren französischen Autobahnen in den Urlaub gefahren
ist, der kann das Gefühl verstehen, das einen beschleicht, wenn man
bei bestem Sonnenschein über die l'Aquitaine nach Südwesten
fährt. Und das Ziel ist die Reise wert! Die französische Atlantikküste
ist eine Küste von besonderem Reiz, rauh und unwirtlich, wenn der
Sturm geht, weiß-silbrig glänzend, wenn die Sonne scheint, côte
d'argent, Silberküste. Etwas nördlich davon liegt eine Insel,
deren Ruf nicht ganz so gut ist, wie der der Ile de Ré, die Ile
d'Oléron. Trotzdem wählen wir
die
größere der beiden Inseln - und das erweist sich auch als richtig.
*
Die Ile d'Oléron hat zwei Küsten von völlig unterschiedlichem
Charakter. Im seichten Wasser der Ostküste werden Muscheln und Austern
gezüchtet, letztere im Wattenmeer nahe dem Festland. Typisch sind
die flachen Boote der Austernzüchter, die ohne jeden Tiefgang durch
das seichte Wasser fahren können. Touristen werden offensichtlich
auch mitgenommen, doch haben wir das versäumt. Die Postkarte zeigt
die Stationen der Muschelzucht, die mit der Ernte durch eine
Art Vollernter endet. Dazu wird von einem Boot aus ein langes Rohr über
die dicken Holzpfähle gestülpt, unten hydraulisch verengt und
dann nach oben abgezogen. Die Muscheln, die auf Seilen sitzen, die wie
Wendel um die Pfosten geschlungen sind, werden so mit einem Mal
abgezogen.
Am Ende des Sommers, den wir hier miterleben, werden am Strand
traditionell
Muscheln auf nassen Holzbrettern in der Glut der Kiefernnadeln, die
dann
säckeweise verbrannt werden, geröstet. Eine Spezialität,
der wir, u.a. wegen des Weinkonsums, fast bis zum Erbrechen frönen.
Meine Frau leidet am nächsten Morgen aber eher unter dem Eiweißschock
als unter dem billigen Weißwein, dem sie nur mäßig zuspricht.