Ski fahren in Frankreich
Eine Einleitung und Übersicht
Ich habe das bergfex-Forum Frankreich mit initiiert und bin es ihm schuldig, an dieser Stelle darauf zu verweisen. Im Gegensatz zu anderen Foren wird bergfex nicht nur von den Administratoren beobachtet sondern auch von den Verantwortlichen der Bergbahnen und den Tourismusverbänden. Was bisher fehlte, war ein Frankreichforum. Und tatsächlich gibt es jetzt eines, auch wenn es wohl eher wenig beachtet wird. Lesen Sie auch unbedingt unsere Geschichte über die Skisafari 2013, die im wesentlichen in Frankreich spielt, sowie die Skisafari 2020, die uns bis auf 100 km Luftlinie an Nizza herangeführt hat.
Im Gegensatz zu anderen Skigebieten war Frankreich immer sehr abgeschottet
und daher von eher geringem allgemeinen und kommerziellen Interesse. Das lag zum Teil an der Sprache, die lange Zeit
eine echte Barriere darstellte und zu einem Teil an der großen Distanz, die man nicht mal so eben in einer Nachtfahrt
überwinden konnte. Und dann war da noch die einzigartige Bauweise mit den winzigen Appartements, die nicht selten an
heruntergekommene Vorstadtquartiere erinnern. Und für die, die ohnehin besser trinken als fahren können, war ein
französisches Skigebiet seit jeher ein rotes Tuch, einerseits wegen des mageren Angebots, andereseits wegen der Preise,
die selbst schweizer Nobelorte vor Neid erblassen lässt: «Wie günstig sind doch die Hütten in Davos!»
Französisch ist die Amtssprache und Englisch heute die Umgangssprache in französischen Skigebieten. Das Englisch
klingt zwar grauenvoll, aber man kann es verstehen. Ich bin manchmal richtig traurig, dass man mir nicht auf Französisch
antwortet, wo ich mir doch Mühe gebe, die Landessprache zu sprechen. Unser Fazit: Man kommt mit Englisch bestens «durch».
Ich will hier keine Vorstellung der einzelnen französischen Skigebiete geben, die wir seit 1994 sporadisch
bereist haben, sondern eher auf die Besonderheiten eines Skiurlaubs in Frankreich eingehen, auch auf die
Gefahr hin, dass sich damit einige Angaben wiederholen, wenn man die einzelnen Berichte liest. Denn wie
sprach doch mein Schwiegervater seelig so treffend: «Etwas Wahres kann man gar nicht oft genug wiederholen!».
Wer die Einzelberichte lesen will, von denen vor allem die aktuelleren mit zahlreichen digitalen Fotos
versehen sind, der kann «zur Skiseite» wechseln oder im Rahmen links, falls sichtbar,
sofort an die vorbereitete Position auf eben dieser Skiseite springen.
Französische Skigebiete haben eine etwas nüchtern technokratische Aura. Alles ist zweckmäßig
und, weil schon recht alt, gerade in einem großen Modernisierungsprozess begriffen. Die uralten Anlagen
weichen nach und nach modernen Liften, auch wenn hier noch manch altes Schätzchen seinen Dienst versieht.
Ein schönes Beispiel für den Wandel ist der Blick vom Saulire auf die Vizelle in den Trois Vallées. War der Suisse 1994 noch der einzige moderne Lift,
so sind 2008 alle drei Anlagen, die den Übergang von Courchevel nach Meribel erschließen, neu.
Zudem trumpfen die Gebiete immer wieder mit Superlativen auf, die keine andere Region der Alpen aufweisen
kann: Die größte Gondel, die meisten Pistenkilometer oder die schnellste Abfahrt. Zwar erreicht
das Panorama nicht die Klasse von Zermatt, aber die Massive des Mont Blanc oder der Grande Casse sind ebenfalls sehr
eindrucksvoll. Hinzu kommt, dass die Franzosen das ehrgeizige Kyoto-Protokoll sehr großzügig auslegen und nicht
selten gleich den gesamten Bergkamm am Abend beleuchten, wie man es in Val d'Isère,
Val Thorens und Avoriaz sehen
kann. Auch wenn das eher nach einer Mars-Mission aussieht, besitzt es doch einen gewissen Charme.
Wer früher nach Frankreich fuhr und Österreich erwartete, der wurde unter Umständen und je
nach Quartier bitter enttäuscht. Dass man heute in einem für hühnenhafte deutsche Verhältnisse zu kurzen
Bett zu liegen kommt, ist eher unwahrscheinlich. Das große französische Bett in Flaine, 2018, war jedenfalls
eines der besten, in denen wir je gelegen haben. Und selbst wenn die Modernisierung das eigene Quartier noch
nicht erfasst hat, sollte man sich nicht bis zum Herzinfarkt grämen. Denn das, was einen Skifahrer bei gutem
Wetter am nächsten Morgen erwartet, dürfte die Vorstellungskraft der meisten Nordalpenbesucher bei Weitem
übertreffen. Und das erfordert mehr als die Fähigkeit, an der Schneebar durch ungebremsten Alkoholkonsum zu
glänzen!
Natürlich gibt es Après-Ski. Nicht umsonst ist dieser Ausdruck einer der letzten, der die Banalisierung der deutschen
Sprache durch das Englische überdauert hat. Aber Après-Ski hat hier eine ganz andere Bedeutung. Man geht abends gut essen und
vielleicht noch in eine Disco oder einen Club. Saufgelage in Bierzelten sind hier unüblich. Alkoholprobleme auf der Piste,
wie sie vor allem gegen Abend in einigen anderen Regionen der Alpen auftreten, gibt es hier nicht.
Es gibt auch Ausnahmen von der Regel, dass französische Skigebiete riesig und vom Baustil her hässlich sein müssen.
Châtel und Les Gets in den Portes du Soleil gehören zu diesen
Orten. Und sowohl Valloire, besser bekannt durch die Tour de
France wegen seiner Lage am Aufstieg zum Col du Galibier, 2645 m, als auch das im Nachbartal gelegene Val Meinier
haben sich ihren ursprünglichen Charakter bewahrt und die Neubauten in einem niedrigen Chaletstil gehalten.
Zugegeben: Vor fast 25 Jahren hatte ich Valloire schon einmal auf spektakuläre Art
und Weise besucht - und bevor ich Les Menuires kannte und Ski fuhr, fand ich auch Valloire als Stadt in den Bergen
nicht besonders schön. Bausünden wie La Foux d'Allos gibt es hier, wenn man von dem Parkhaus in Valmeinier einmal
absieht, aber nicht oder sie fallen nicht ins Auge!
Und dann gibt es da noch einen weiteren Ort, den man so erst einmal nicht auf der Rechnung hat und den man wegen seinen
Rufs auch nicht unbedingt zu jenen zählen würde, die man als heimelig bezeichnet.
Gibt es das überhaupt noch in den Bergen? Immerhin hat sich Chamonix einen
gewissen Reiz erhalten, auch ein wenig begünstigt durch sein schon fast unfranzösisches Skigebiet, in Teilgebiete
zerfallend und nur von einem guten Bussystem zusammen gehalten. Eine Stadt
in den Bergen, überschaubar, bodenständig und mondän zugleich. Dazu mit einer Gletscherwelt ausgestattet, die andere Gebiete nicht mit allem
Werbeetat der Erde herbeizaubern können.
Ich hätte schwören können, dass man in den 3 Vallées nicht so viele Pistenkilometer an einem Tag fahren kann, wie in Zermatt. Aber gemessen an der Tatsache, dass man eine gute halbe Stunde am Tag weniger zur Verfügung hat, wenn man im Januar nach Frankreich fährt, konnte ich zeigen, dass man bei vergleichbar zügiger Fahrweise, also ausgelegt auf Tagesgesamtdistanz, tatsächlich sehr weit kommt. Die Pisten sind lang genug und die Lifte hinreichend schnell. Mit 84 Pistenkilometern und 14000 Höhenmetern war das bis zu den 120 km von Zermatt mein längster Skitag. Da sind die zuvor gefahrenen 72 Pistenkilometer im Verbund Paradiski nur noch eine Randnotiz. Das fahre ich in jenem 6-Tage-Urlaub im Durchschnitt.
Zum Gelingen eines solchen Vorhabens führt man zweckmäßig zwei Literflaschen Badoit an den Seiten des Rucksacks mit, in dem
man vorausschauend für die Mittagspause diverse Baguettes mit Schinken und Käse verstaut hat. Die Verpflegung kauft man
natürlich vor Ort, was auch nicht viel teuerer ist als ein Einkauf in einem Tante Emma Laden in einem kleinen deutschen
Dorf. Wer einen GPS-Empfänger zur Hand hat, der kann dieses Pensum ungestört dokumentieren. Da hier fast keiner
deutsch spricht, braucht man unterwegs nichts erklären. Wer selbst GPS-Daten auswerten will, der kann sich auf unseren
Seiten umsehen. Wir stellen das grafische Auswerteprogramm GNavigia für Windows
XP/Vista/W7+8+10 kostenlos zur Verfügung. Die Pistenlängen
und Karten der Skigebiete wurden mit diesem Programm erstellt.
Weite Anfahrten waren immer ein Kennzeichen der Skireisen nach Frankreich. Von Bonn sind es 900 Kilometer bis
Val d'Isère, 850 bis la Plagne. Fährt man die schnellere Strecke über Grenoble statt Annecy, kommen weitere 50
hinzu. Das nächstgelegene Skigebiet ist Les Portes du Soleil, mit etwa 650 km bis Morgins (Schweiz) ist es gut
erreichbar. Für Avoriaz muss man schon wieder um den Genfer See herumkurven. Flaine
liegt auch nicht allzu weit entfernt. Noch vor kurzer Zeit hätte ich behauptet, dass «weder der Ort noch das Gebiet nach
meinem Geschmack» seien. Aber nach zwei weiteren Aufenthalten in kurzem Abstand, 2015 und 2018, haben meine Frau und
ich das Gebiet auf die Liste der wieder zu besuchenden Skigebiete weit nach oben gesetzt, auch wenn meine Gründe sicher
schwerwiegender sind: Mit der Cascades verfügt das Gebiet über die längste «Piste» der Alpen und mir wird Flaine immer
präsent sein, weil ich dort 1995 die Gelegenheit genutzt hatte, Snowboard fahren zu lernen.
Zu den sehr weit entfernten Skigebieten zählen L'Alpe d'Huez, Les Deux Alpes und das überaus schwierige Gebiet von la Grave, die am Col du Lautaret liegen. Wegen der schon
absurd weiten Anfahrt hatten wir bisher von der Überquerung des Passes abgesehen. Aber dann setzen wir eine
dreiwöchige Expedition an, die Skisafari 2020, die mit einem
Zwischenstopp in La Clusaz und einem in les Deux Alpes beginnt
und die uns nach Serre Chevalier, Vars/Risoul und Montgenèvre/Sestriere führt.
Wir treffen auf unerwartet guten Schnee und ein Skiwetter, das uns 22 Tage lang ununterbrochenes Skivergnügen
beschert. Am südlichsten Punkt der Reise, dem Col de Crévoux, schauen wir hinunter auf den Lac de Serre-Ponçon,
den größten Stausee Frankreichs. Hier sind wir nur noch gut 100 km Luftlinie vom Mittelmeer entfernt!
Für all diejenigen, die am liebsten gleich bis
zur Côte d'Azur durchfahren würden, gibt es ein weiteres Betätigungsfeld. Von den Skigebieten südlich des Col du Lautaret
wird mir zumindest eins als besonders reizvoll in Erinnerung bleiben, die Küste bei la
Favière, nahe le Lavandou. 2014 versuche ich mich dort auf Wasserski, was
bis auf einige Kleinigkeiten sogar erstaunlich gut geht: «La position de Schuss!»,
ruft mir Chrystel (Betonung auf der letzten Silbe) zu, als ich mal wieder beim Start im Meer versinke. In der Tat ist das
gar nicht so weit weg von dem, was man auf Schnee macht, also Vorlage aus den Knien, nicht aus dem Oberkörper, und locker
drauf sein. Insbesondere Letzteres ist so eine Sache für sich. Aber nach einigen Runden auf Wasserski gelingt es mir, die
Kielwellen zu kreuzen.
Abwinken zum Ende der Rundfahrt. Nach über 350 Tagen auf dem Snowboard ist das Wakeboard fahren wahrlich kein Hexenwerk mehr. Ich
komme nach einer kurzen Trainingseinheit am seitlichen
Ausleger hinter das Boot, sozusagen auf die Normalposition, und ich kann mich die große Runde über auf den Beinen
halten. Erst wenn man stürzt erkennt man den wahren Unterschied zwischen Ski und Wasserski, Snowboard und Wakeboard: So
weich wie im Wasser geht es nie wieder ab! An dieser Stelle ein Dankeschön an Chrystel,
Jean-Pièrre, Dorothée und Antoine für die Geduld im Laufe dieser Woche!
In den Folgejahren werde ich Chrystel, Laurent und Thierry damit beschäftigen, mir
Monoski näher zu bringen. Auf dem Wasser fehlt mir jetzt nur noch das Wellenreiten. Sollte ich dafür wirklich schon zu alt sein?
Sieht man von der Autobahngebühr in der Schweiz einmal ab, die man an der Grenze am Besten in Franken bezahlt, kann man
viele der hier vorgestellten Skigebiete in Frankreich mautfrei anfahren. Dazu
wählt man die Route von Genf vorbei an der Pont de la Caille nach
Annecy und am Lac d'Annecy entlang nach Albertville. Moutiers ist der Ort, der den Verkehr auf die Skigebiete
der Tarantaise verteilt. Damit dieser in einer tiefen Schlucht gelegene Ort nicht völlig im Verkehrschaos versinkt,
gibt es weit vor dem Ort Ampelanlagen, die zur Stoßzeit mitten auf freiem Feld den Verkehr stoppen. Oder, um es im Ton
von Wilhelm Busch zu sagen: «Eine Stunde Wartezeit ist dann keine Seltenheit!»