Stilfser Joch

1900 Hö­hen­me­ter im Ge­wit­ter­re­gen

Auffahrt zum Stilfser JochIn Go­ma­goin kau­fe ich ein und es­se, wie so oft, am Stra­ßen­rand. Ich ha­be un­bän­di­gen Hun­ger. Im un­te­ren Drit­tel ist der Pass von ma­le­ri­schem Pa­n­ora­ma ge­prägt mit dem Blick ge­gen Kö­nigs­spit­ze und Ort­ler, 3900 m. Im zwei­ten Drit­tel geht es in stei­len Ser­pen­ti­nen durch den Berg­wald hin­auf. Im letz­ten Drit­tel hat man dann den frei­en, un­ge­schütz­ten An­stieg zur Pass­hö­he vor sich, der be­kannt ist für sei­ne wei­ten Stei­gun­gen und en­gen Keh­ren.
*
Wenn man in die­sem Ab­schnitt in ei­ne Ge­wit­ter­front ge­rät, ste­hen die Zei­chen auf Sturm. Denn in den Ber­gen ster­ben im­mer noch sehr vie­le Men­schen durch Blitz­schlag. Und so fah­re ich un­ter dem Rest­schutz der zahl­rei­chen Stütz­mau­ern berg­auf. Da­bei ken­ne ich kei­ne Stra­ßen­sei­te, so dass die Au­to­fah­rer um­den­ken müs­sen, de­nen ich auf der lin­ken Sei­te ent­ge­gen kom­me. We­gen der ge­rin­gen Ge­schwin­dig­kei­ten ist das aber egal. Als dann noch ein hef­ti­ger Re­gen­schau­er ein­setzt, krie­che ich mit ita­lie­ni­schen Bau­ar­bei­tern in ei­nen Bau­con­tai­ner. Kei­ner ver­steht den an­de­ren - aber die Zi­ga­ret­te ver­bin­det. Die Jungs ha­ben mein Rad zu­dem noch schnell un­ter ei­ner Pla­ne ver­gra­ben, so dass die Aus­rüs­tung tro­cken bleibt.
Kehren unterhalb der Passhöhe*
Am En­de ha­be ich 48 num­me­rier­te Keh­ren und 1900 Hö­hen­me­ter ge­schafft. Es ist 12 Uhr. Ich keh­re im Re­stau­rant Ti­bet ein, 2800 m hoch ge­le­gen, wo ich ei­nen gro­ßen Tel­ler Spaghet­ti ver­drücke. Das Wet­ter wird wie­der bes­ser. Hier oben ist die Welt ge­prägt von Som­mers­ki­fah­rern, je­nen Ge­stal­ten, die wohl ge­ra­de des­halb im Som­mer Ski fah­ren müs­sen, weil ih­re Wa­gen so tief­ge­legt sind, dass sie im Win­ter kei­ne Schnee­ket­ten auf­zie­hen kön­nen. Ich selbst bin dort oben von mei­nem ers­ten Ski­tag noch mehr als 8 Jah­re ent­fernt.
*
Zu­sam­men mit ei­nem an­de­ren Rad­ler fah­re ich den Um­brail hin­un­ter ins Müns­ter­tal. Der Um­brail ist ein Pass, wenn man von Bor­mio kommt, sonst liegt er nur so am Weg. Gu­ter, fei­ner Schot­ter und kei­ne Schlaglö­cher (le­dig­lich Rin­nen zum Was­ser­ab­fluss) kenn­zeich­nen die Ab­fahrt, die erst im un­te­ren Teil, auf As­phalt, wie­der hö­he­re Ge­schwin­dig­kei­ten zu­lässt. Ich quar­tie­re mich in der JH San­ta Ma­ria im Müns­ter­tal ein.