Serre Chevalier
Le Monêtier les Bains
Wie kaum ein anderer Ort in den französischen Alpen ist le Monêtier les Bains ein gewachsener Ort. Beim ersten Anblick glaubt man nicht, dass man hier auf moderne Beförderungsanlagen und spannende Pisten treffen wird. Das Ortsbild, morgens von der Talabfahrt fotografiert, wirkt harmonisch und unverbaut im Sinne französischer Skiortarchitektur. Neubauten gruppieren sich um den alten Kern herum. Zwischen diesem und dem Skigebiet hat man das mondäne, «große Bad» gebaut, das in seiner Bauweise perfekt in den Ort passt und zudem den erweiterten Parkplatz des Skizirkus nutzt.
Dass man dem Après-Ski hier eher im Verborgenen frönt, scheint sich aus dem Ortsbild wie von selbst zu ergeben. Aber in den wenigen Kneipen im Zentrum ist trotz Nebensaison Betrieb. Wer abends essen gehen will, sollte reservieren. Zudem hat die Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV2, die sich während unseres Besuchs unweit von hier fast lautlos vollzieht, ein neues Bewustsein für «Abstand» geschaffen, wozu der überschaubare Ort gut zu passen scheint.
Nach wie vor bin ich ein Freund steiler Pisten. In dieser Hinsicht verwöhnt mich der Ort. Die letzte (und zu dieser Zeit einzige) Bahn fährt so lange, dass ich sie nach unseren Ausflügen in die Nachbartäler meist noch zu einer allerletzten Abfahrt nutzen kann. Mit der schwarzen Tabuc verfügt das Gebiet über mindestens eine Piste, die in Erinnerung bleibt. Zwar ist der schwarze Abschnitt ziemlich kurz, aber in Punkto Steilheit kann er sich sehen lassen. Die großartigen Schneeverhältnisse relativieren die Herausforderung, aber glatt gefahren ist der Hang gewiss nicht harmlos.
Ausgangspunkt aller Abfahrten ist der Col de la Cucumelle, 2505 m. Von der Passhöhe aus benötigt man keinen weiteren Lift für die Rückfahrt. Der Höhenunterschied beträgt etwas mehr als 1000 m. Die roten Pisten, namentlich die clot gaillard und die corvaria, tragen ihre Farbe mit vollem Recht. Sie weisen ein angenehm gleichmäßiges, hohes Gefälle auf. Breit geführt und am Abend leer stellen sie einen wohltuenden Kontrast zu Skigebieten mit überfüllter Talabfahrt dar. Der Übergang nach Villeneuve ist von beiden Seiten durch schnelle Lifte angebunden, von denen einer, der Eychauda, in diesem Winter neu ist.
Ebenfalls für einen Absacker gut ist der Lift Yret, der einen Punkt 60 Höhenmeter unterhalb des Pic de l'Yret erschließt. Hier, auf 2770 m, erreicht man den höchsten Punkt des Skigebiets und den Ausgangspunkt für die Abfahrt mit dem größten Höhenunterschied, 1300 m. Der Blick schweift hinüber nach Montgenèvre/Sestriere. Der Lift ist langsam aber auch nicht übermäßig lang. Er bietet eine letzte Verschnaufpause vor dem eindrucksvollen Abstieg ins Tal.