Durch Mittelschweden
Eine Reise durch das schöne Nichts
Wildwechsel einmal anders: Hier gilt es, nicht dem Reh sondern dem Elch
auszuweichen!
Ich habe nicht umsonst kaum Bilder von der mittelschwedischen Landschaft in dieser
Serie. Sie ist weitgehend unspektakuläres Mittelgebirge mit endlosen Wäldern.
Bleibt man wegen der Gefahr von Platten und Speichenbrüchen auf den asphaltierten
Straßen, so bietet sich folgender Anblick: Nadelbäume, Randstreifen, Entwässerungsgraben,
zwei Fahrspuren, Entwässerungsgraben, Randstreifen und wieder Nadelbäume.
Hin und wieder unterbricht ein See oder ein kleiner Ort die Gleichförmigkeit.
Insbesondere an stark bedeckten oder regnerischen Tagen ist das ein Bild,
das man ertragen muss.
Was mich auf dieser Fahrt aber sehr unterstützt, ist das überaus gute Wetter. Denn wenn man über Wochen hinweg nicht aus nassen Klamotten herauskommt, hat man ein Problem! Auf dieser zweimonatigen Reise hat nur ein einziger Regentag das Zeug dazu, mich zu demoralisieren, aber da nähere ich mich bereits dem Polarkreis von Norden.
Auch ohne die großen Bilder bietet Schweden aber genau das, was man gemeinhin von Finnland
erwartet: Viel Platz für den individuellen Urlaub. Die Allemansretten
(Jedermannsrechte) besagen u. a., dass jedermann überall 24 Stunden sein Zelt
aufschlagen kann, solange er andere nicht belästigt. Und gerade zwischen dem
Vänernsee und der Straße nach Mo I Rana gibt es zahlreiche Seen, an denen
man abends Zelten kann.
Dort trifft man dann auch regelmäßig auf andere Urlauber, die mit dem Auto oder
dem Campingbus unterwegs sind. So ist man auch als Einzelreisender nicht
unbedingt einsam. Und ein Radler zieht in dieser Gegend immer die Bewunderung
derer auf sich, die den Gedanken an das Radfahren mit einer Tour zum Sonntagskaffee
verbinden.
Auch ich kultiviere den Kaffeegenuss: Bei jeder Rast koche ich eine Tasse auf einer Art Lagerfeuer. Dabei achte ich peinlichst darauf, die umliegende, holzreiche Landschaft nicht in Flammen aufgehen zu lassen. Wo es gefährlich werden könnte, baue ich einen kleinen Steinofen auf oder benutze Eßbit, das keine Funken schlägt. Ausgebrannte Feuer lösche ich vorsichtig mit Wasser.
Zwischen Sunne und Johannisholm muss ich auf schweren Steigungen auf 530 m
Höhe hinauf. Das hält mich aber nicht davon ab, an diesem Tag 160 km weit zu
fahren.
Ich fotografiere eine der für Skandinavien typischen Kirchen mit separatem Glockenturm in der Nähe von Sveg. Ich folge der Hauptstraße nun in Richtung Osten, denn leider umgeht sie hier die Berge in einem weiten Bogen.
Mein Ziel für die nächsten Tage ist die JH in Östersund, eine der wenigen
größeren Städte in dieser Gegend. Nach 14 Tagen ist ein Ruhetag fällig - und da
sollte man zumindest ein wenig bummeln können. Ich nutze den freien 15. Tag für
das Schreiben von Postkarten. Ich repariere kleinere Macken am Rad, prüfe die
Bremsen und stelle die Kettenwerfer neu ein. Außerdem treffe ich einen Radler,
der bereits zum wiederholten Male das Nordkap zu erreichen versucht -
aber auch in diesem Jahr gibt sein Rad vorzeitig den Geist auf ...