Fähren auf Europastraßen
Die schweren Tage bis Narvik
Das düstere Wetter mit seinen tiefhängenden Wolken begleitet mich auf dem Weg nach
Norden. So lege ich z.B. in Fauske einen Zwischenstopp nach nur 65 km ein.
Die Straße dahin führt mich durch zwei Tunnel, von denen der längere 1,7 km lang
(aber gut beleuchtet) ist.
Fauske habe ich als totes Kaff in Erinnerung. Am nächsten Tag fahre ich daher in aller Frühe weiter nach Norden.
Obgleich die Straße der Küste folgt, ist sie keineswegs eben, im Gegenteil. Hier wird
keine Landzunge ausgelassen, was bei der Länge der norwegischen Küstenlinie auch
unwirtschaftlich wäre. Und so mache ich Höhenmeter um Höhenmeter bei dem Versuch,
der Küste zu folgen. Um mit einem voll beladenen Rad einen Schnitt von 100 km/Tag
zu erreichen, muss ich mich ganz schön sputen. Ich überschlage anhand der Zeiten, die
ich mit Aufstiegen verbringe, dass ich bis zu 1000 Höhenmeter am Tag überwinde.
Dass die E 6 bei Sommarset (oben) und Skarberget (hier im Bild) das
Land verlässt und auf Fähren wechselt, die gut 20 Minuten für die Überfahrt brauchen,
ist für Radfahrer insofern reizvoll, als man hinter der Fähre die Autos vorfahren
lassen kann und man bis zur nächsten Runde eine völlig freie Straße vor sich hat.
Während die Autofahrer in Spitzenzeiten ggf. eine Stunde warten müssen, passiere
ich die Schlangen und fahre direkt aufs Schiff. Dass die Tage der Fähre bei Sommarset
bereits gezählt sind, ahne ich da noch nicht.
Die Küste Norwegens hält im Gegenzug für meine Anstrengungen aber auch jede Menge
landschaftlicher Highlights bereit. Die Berge ragen hier von Meereshöhe etwa
1000 m auf, einige spektakulär, wie das Massiv nahe der Kjerringstraumen Brücke.
Das Wetter bietet wiederum ein eigenes Schauspiel. An den Steigungen treffe ich immer
wieder auf Steigungsregen und leichten Niederschlag, weil ich die Wolkenuntergrenze
durchstoße. Am frühen Morgen sinken die Wolken so weit ab, dass sie ums Zelt wabbern.
Hier ein herrlicher Blick auf das Nordmeer vor Narvik.
Mit Fauske beginnt auch die «Strecke der Leiden», weil die in Bonn neu aufgezogene Kette
immer öfter unter der Last reißt. Ich habe zwar noch eine altmodische Kette, die
ich mit einfachem Kettenwerkzeug reparieren kann. Aber leider ist das vor allem am Abend
notwendig, wenn die Kraft nachlässt und die Reparatur am Straßenrand nervt. Zudem gehen
die mitgeführten Kettenglieder zur Neige, sodass ich in Narvik für Nachschub werde sorgen
müssen.
Am Ende erreiche ich nach vielen Mühen doch noch Narvik, leider an einem
Sonntag. So kann ich nur das reparieren, wozu ich keinen Fahrradladen brauche.
Ich verbringe den sehr warmen und sonnigen Tag in der JH und der Stadt und ruhe aus.
Aus meinem Zimmer in der damaligen Jugendherberge «Nordkalotten» bietet sich
ein schöner Blick auf den Hafen, in dem hauptsächlich Eisenerz aus dem schwedischen
Kiruna verladen wird. Über 2500 km sind gefahren.